Interessante Einblicke in den Islam vermittelte die Religions- und Kulturwissenschaftlerin Verena Dierks gestern Abend im Gemeindehaus in Werdum. Auf Einladung von Katharina Herresthal, der Koordinatorin Ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit im Landkreis Wittmund, berichtete Frau Dirks, die diese Aufgabe im Landkreis Aurich wahrnimmt, über die Entstehung des muslimischen Glaubens und über die Entwicklung bis Heute. Bedingt durch den Flüchtlingszug in den letzten 2 Jahren sind die Berührungen mit einem anderen Glauben auch in Ostfriesland sehr viel intensiver geworden. Daraus resultiert sicher auch das sehr rege Interesse an der Veranstaltung im Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde in Werdum; das Gemeindehaus war bis auf den letzten Platz gefüllt. Viele Fragen standen im Raum. Was glauben Muslime? Wer war Mohammad? Welche Gemeinsamkeiten gibt es mit dem Christentum? Warum gibt es Schiiten und Sunniten und was ist der Unterschied?
Verena Dierks beleuchtete die Entstehung des Islam im Jahre 622 n.Ch. durch den Propheten Mohammad, der wie im Christen- und Judentum ebenfalls einen alleinigen Gott in den Mittelpunkt des Glaubens stellte. Der Koran ist die Heilige Schrift des Islam, die als "Offenbarung Gottes" bezeichnet wird. Er besteht aus 114 Suren. Rund ein Drittel ist praktisch identisch mit Schriften aus der Bibel. Das erklärt auch die eigentlich große Übereinstimmung mit dem christlichen Grundlagen. Zusammen mit den Hadithen, die den Glauben interpretieren, bildet der Koran die Basis des religiösen Lebens. Moslems verstehen ihre Religion auch als die jüngere und aktuellere Version, quasi als Update, was auch das Vormachtstreben des Islams begründet.
Die Vorbehalte insbesondere in Europa gegen den Islam beruhen auch nicht auf den religiösen Grundlagen sondern eher auf die ständige Vermischung von Politik und Religion. Während die Gesellschaft in Europa Staat und Kirche weitgehend trennt und politische Grundlagen wie das Grundgesetz eindeutig Priorität genießen, stehen Glaubensgrundsätze bei Muslimen weitaus höher in der Lebensführung. Traditionen, kulturelle Besonderheiten und Zusammenhalt der Familie haben einen deutlich höheren Stellenwert. Die sehr unterschiedliche Ausprägung des Glaubens ist allein schon der Tatsache geschuldet, dass der Islam wie auch das Christentum über mehrere Kontinente verteilt ist, wobei der Mehrzahl der 1,6 Milliarden Muslime nicht wie landläufig erwartet in den arabischen Ländern, sondern rund ein Drittel davon in Indonesien und Indien lebt.
In der anschließenden Diskussionsrunde wurde lebhaft über spezielle Ausprägungen gesprochen. Das unterschiedliche Rollenverständnis von Mann und Frau, die fehlende hierarchische Struktur und die daraus resultierende Position der Imame wurden ebenso thematisiert wie der Umgang mit Märtyrern und die Definition des "heiligen Krieges". "Wir konnten heute Abend nur einen ersten Einblick in eine große andere Weltregion geben" beendete dann auch Katharina Herresthal die Veranstaltung und kündigte ausdrücklich weitere derartige Vorträge und Diskussionen an
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