
Bürgermeister Wilhelm Janssen
beim 50-jährigen Jubiläum 1964
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„Werdum ist froh darüber, in der Gemeinde eine
leistungsstarke Kreditgenossenschaft zu haben.“ So schrieb der damalige
Werdumer Bürgermeister Ferdinand Eden 1989 in seinem Grußwort in der
Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum.
25 Jahre sind seitdem vergangen, Werdum hat im Zuge
der Konzentrationsprozesse der letzten Jahre
zwar seine Genossenschaftsbank verloren, eine Bankfiliale gibt es jedoch
weiterhin in der 700-Einwohner-Gemeinde, auch wenn die Zentrale weit weg in
Süd-Ostfriesland -Remels sitzt.
Man mag bedauern, dass damit die
Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort durch eine eigene genossenschaftliche
Vertretung verloren sind, jedoch sind die Wirtschaftskreisläufe derzeit eher
global und nicht lokal, so dass wir froh sein müssen, dass diese
genossenschaftliche Bank weiterhin ihre Entscheidungszentrale in Ostfriesland
und nicht in Hamburg, Frankfurt oder gar in den USA hat
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„Was dem einzelnen nicht möglich ist, das vermögen
viele, das vermag eine Anzahl Bewohner einer Gemeinde, eines Bezirkes ...“
Dieser Wahlspruch Friedrich-Wilhelm Raiffeisens (1818-1888),
des deutschen Erweckers der insbesondere landwirtschaftlichen
Genossenschaftsidee, hat auch im Jahr 1913 einige Werdumer bewegt, aktiv zu
werden, um für den eigenen Wirkungskreis, das eigene Dorf, den eigenen Hof mehr
Dinge zu bewegen, als es der eigene kleine Geldbeutel sonst zuließe. Als
Haupt-Initiator darf der Gastwirt und Kaufmann Antoni Onken (1873-1939)
gelten, der -als ehemaliger Segelschiffkapitän aus dem Leeraner Raum stammend-
2 Jahre zuvor den ehemals Schaafschen Gasthof (heute „Freesenkroog“) übernommen
hatte und aus seiner Heimat Erfahrungen mit der Genossenschaftsidee mitbrachte. Folgerichtig erfolgte im Dezember 1913 im „Anzeiger
für Harlingerland“ folgender Aufruf:
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Diese Zusammenkunft muss wohl erfolgreich gewesen
sein, da Gastwirt Onken bereits am nächsten Tag nach Hannover schrieb:
„Werdum, den 17. Dezember 1913
An den Verband hannoverscher Landwirtschaftlicher
Genossenschaften in Hannover
Unterzeichner ersucht ergebenst den Verband im Namen
vieler hiesiger Landwirte im Laufe des Monats, evtl. im Januar nächsten Jahres,
einen Herrn zwecks Vortrag über Gründung einer Spar- und Darlehnskasse zur
Verfügung zu stellen. Gestern abend ist bereits in meinem Saal eine Versammlung
gewesen und haben sich genügend Interessenten gemeldet, so daß eine Gründung
zweifelsohne vor sich gehen wird.
Auf Antrag vieler Interessenten wird Herr Wanderlehrer
Fricke von dort gewünscht. Die Versammlung findet in meinem Saal statt. Um Rückantwort bittet hochachtungsvoll
Antoni
J. Onken, Gastwirt und Kaufmann“
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Die Gründungsversammlung fand dann unter Teilnahme von
Herrn Fricke, der als eine Art
„Außendienstmitarbeiter Vertrieb“ des genossenschaftlichen Verbandes in
Hannover gelten darf, am 3. Januar 1914 in Onkens Gasthof statt. 21 Personen
wurden Mitglied in der Genossenschaft, die Mitgliedsliste liest sich wie ein
„who´s who“ der Dorfbevölkerung -einige Nachkommen der beschriebenen Personen
leben heute noch hier-: Landwirt Friedrich Bremer (1877-1940) aus
Neu-Werdumer Grashaus (Vorsitzender des Aufsichtsrats), Landwirt Hermann
Ommen (1875-1959) aus Klein-Husums (Mitglied des Aufsichtsrats), Landwirt Willm
Friedrich Mammen (1877-1954) aus Edenserloog (Vorstandsvorsitzender),
Landwirt Diedrich Janßen (1879-1963) (Vorstandsmitglied) aus
Werdum-Kapelle, Landwirt Siebelt Sassen (1882-1971) aus Werdumer
Altendeich, Landwirt Johann S. Janssen (1870-1914) aus Groß-Husums (Mitglied des Aufsichtsrats), Lehrer
August Hollmann aus Werdum, Landwirt Ommo Rieken (1844-1936) aus
Werdumer Altendeich, sein Sohn Landwirt Johann Rieken (1886-1954) aus Werdumer
Altendeich, Landwirt Claas Osterkamp (1875-1921) aus Wallum, Müller Heinrich
Eilts aus Werdum, Landwirt Johann Habben (1880-1950) aus
Boisenhausen, Kaufmann Antoni Onken aus Werdum (Rendant, Mitglied des
Vorstandes), Schuhmacher Johann Pieper aus Werdum, Landwirtin Anna
Ulfers aus Boisenhausen, , Landwirt Heike Heyken (1866-1950) aus
Edenserloog, Bäcker David Gastmann aus Werdum, Handelsmann Gerhard
Galts aus Werdum, Schuhmacher Johann Reents aus Werdum, Maler Wilhelm
Siemons aus Werdum und Landwirt Tjard Oltmanns (1860-1943) aus Groß-Husums.
Am 29. Januar erfolgte unter der Nr. 16 zum 21. Januar
die Eintragung in das Genossenschaftsregister des „Königlichen Amtsgerichtes“
in Esens und ab Februar die Aufnahme des Geschäftsbetriebes in einem Raum des
Onkenschen Hauses.
Die Mitgliederzahl nahm schnell eine rasante
Entwicklung, jedoch verhinderte der Ausbruch des 1. Weltkrieges im August 1914
bessere Bilanzzahlen.Die Einberufung der handelnden Personen ließ ebenfalls
keine geordnete Geschäftspolitik zu. Nach dem Krieg kam die Inflation und damit
die Entwertung der Sparbuch-Guthaben. Die Ende 1923 neu eingeführte Rentenmark
konnte nur zu hohen Zinsen aufgenommen werden, die darauf folgenden sog.
„Goldenen 20-er Jahre“ konnten auf dem Land nur bedingt Einzug finden, da die
Produktpreise fielen und zusätzliche Verschuldung auslösten. Besonders
schwierig wurde es dann in den Jahren 1928-31, als auch im Deutschen Reich katastrophale
wirtschaftliche Verhältnisse eintraten. Dies besserte sich -trotz
Gleichschaltung der Genossenschaften durch die nationalsozialistische
Regierung- erst Mitte der 1930er Jahre. 1936 wurde dann der Geschäftszweig des
landwirtschaftlichen Warenverkehrs eingerichtet: Die Landwirte konnten nun
Saatgut, Dünge- und Futtermittel nun unmittelbar vor Ort beziehen und mussten
nicht aufwändige Wege nach Esens, Carolinensiel oder Wittmund in Kauf nehmen.
Nach dem Tod von Antoni Onken 1939 wurde sein Sohn
Erich, der in Wittmund Bankkaufmann gelernt hatte, sein Nachfolger. Krieg und
Nachkriegszeit bis zur Währungsreform 1948 brachten Einschnitte in der
Geschäftsentwicklung, die jedoch danach schnell wieder aufgeholt werden
konnten. 1951 wurden Geschäftsräume in dem neuen Haus von Erich Onken bezogen, 1952 ein erstes massiv errichtetes Lagerhaus
errichtet, das 1958 um einen Kornsilo mit Trockungsanlage erweitert wurde. 1959
erfolgte die Inbetriebnahme einer Gefrieranlage. 1977 schließlich wurde eine
weitere Lagerhalle in Groß-Charlottengroden (bei Carolinensiel) in Betrieb
genommen, die 1980 und 1987 erweitert wurde.
Nach rund 50jähriger Tätigkeit in der Werdumer
Genossenschaft trat Erich Onken 1976 in den Ruhestand. Sein Nachfolger zum
Bankleiter wurde sein ehemals erster Lehrling und langjähriger Stellvertreter Erwin Peters. Zum weiteren
Vorstandsmitglied wurde 1978 auf Grund neuer gesetzlicher Vorschriften ("Vier-Augen-Prinzip") der
Bankleiter Heiko Habben berufen.
1989 hat
die Raiffeisenbank Werdum mit der Raiffeisenbank Wittmund fusioniert, die
weiteren Fusionen unterlag, bis 2001 die Raiffeisen-Volksbank Aurich mit Sitz
in Remels mit einer Bilanzsumme von derzeit 1,35 Mrd. Euro und 25.000
Mitgliedern (2012) entstand
Rainer Hinrichs
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Quellen und Literatur:
Rainer Hinrichs, Wurzeln in Werdum, Beilage
„Wochenende“, Anzeiger für Harlingerland, 10.09.11
Alma Onken/Elfriede Hillers-Onken, Chronik der Familie
Onken, Aurich 1987
Günter Peperkorn, Werdum-Aus der Geschichte eines
Marschendorfes, Thunum 2003
Erwin Peters, 75 Jahre Raiffeisenbank Werdum eG,
Werdum 1989
Wikipedia, Stichwort: Raiffeisen-Volksbank Aurich
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