Wird Werdum Energiedorf?                                                                                           25.03.14


 Bürgermeister Friedhelm Hass bedankt sich mit allerlei Gastgeschenken bei Geschäftsführer Marco Ohme für seine Ausführungen.

Der Repowering Windpark Neuharlingersiel-Werdum ist am Netz. Die Gemeinde Werdum beschäftigt sich jedoch weiter mit erneuerbaren Energien. Nachdem das Thema „Bioenergiedorf“ im Januar 2013 ein Tagungsordnungspunkt in der Gemeinderatssitzung war, wurde eine Informationsfahrt des Gemeinderats nach Breuna/Wettesingen in Nordhessen geplant. Vor Kurzem machten sich die Werdumer auf den Weg.
Bürgermeister Friedhelm Hass: „Die Fahrt hat sich gelohnt, wir wurden vor Ort fachlich fundiert informiert.
  Zwar kann die Lösung in Breuna/Wettesingen nicht 1:1 auf Werdum übertragen werden, das Thema wird von uns jedoch weiter verfolgt. Demnächst werden wir zu einer Fachvortrag- und  Bürger-Informationsveranstaltung einladen“.
Empfangen wurde die Werdumer Delegation von Marco Ohme, einem der Initiatoren des Bioenergiedorfs und Geschäftsführer der BBB Biogasanlage Breuna GmbH, die vier Gesellschaftern gehört.
  Er versorgte die Werdumer mit allerlei Fakten zum Gesamtkonzept.

Marco Ohme: „Hier werden nach Abschluss der Arbeiten rund 200 Haushalte mit regenerativer Wärme versorgt werden. Dabei wird die Wärme – anders als in vielen anderen Dörfern – zu 100 % aus erneuerbaren Energien stammen und weiter „Wir wollen auch für die Spitzenlast im Winter kein Gas oder Öl nehmen“.
Herzstück der neuen Nahwärme-Versorgung ist die Biogaslage der BBB Biogas Breuna GmbH. Sie ist seit März 2007 mit einer elektrischen Leistung von 500 Kilowatt (kW) am Netz. Die Abwärme wurde bislang dazu verwendet, um ganzjährig Scheitholz, Hackschnitzel und Getreide zu trocknen. Außerdem wurden Haushalte im näheren Umfeld der Anlage über ein Nahwärmenetz mit Wärme versorgt.
  Als Imputstoffe wandern Mais, Festmist von Landwirten aus der  Umgebung sowie Ganzpflanzensilage und Zuckerrüben in die Anlage.


Marco Ohme erklärt


Die Biogas-Anlage
Das Herzstück der Nahwärme-Versorgung

Im Jahr 2011 hat sich in Wettesingen eine Energie-Genossenschaft gegründet mit dem Ziel , das Dorf mit einem regenerativen Nahwärmenetz auszustatten. Der Großteil der rund 200 Haushalte ist bereits an das Netz angeschlossen. Der Restausbau, davon konnten sich die Werdumer vor Ort überzeugen, ist in vollem Gange. An das rund 10 km lange Nahwärmenetz wird auch eine Kirche, das Rathaus, Kindergarten, Feuerwehrhaus, Sparkasse, eine Metzgerei, eine Gärtnerei und eine Schreinerei angeschlossen. Hauptlieferant der Wärme bliebt die bestehende Biogasanlage, die allerdings mit einem zusätzlichen Fermenter und einem neuen Gärrestlager von 500 auf 900 kW (elektrisch) nahezu verdoppelt wurde. Das zusätzlich erzeugte Gas wird über eine 380 Meter lange Mikrogasleitung zu einem Satelliten-Bockheizkraftwerk (BHWK) mit 366 kW elektrischer Leistung geleitet, das in einem gemauerten und Lärmgeschützen Heizhaus neben einer Gärtnerei errichtet wurde.
Marco Ohme: „Die Gärtnerei verbrauchte bislang allein 60.000 Liter Heizöl im Winter, sodass die Wärme von dem BHKW im Winter fast nur dafür gebraucht wird“.

Neben dem Blockheizkraftwerk steht noch ein Pufferspeicher, mit 36 Kubikmetern Volumen, der nicht benötigte Wärme zwischenspeichert. Von dort gelangt sie in das Nahwärmenetz. Sollte eines der Blockheizkraftwerke ausfallen, wird das zu viel erzeugte Gas in einem Biogasbrenner ebenfalls zur Wärmeerzeugung genutzt, der neben der Biogasanlage steht.
 
Die Biogasanlage mit den beiden BHKW deckt insgesamt 73 % der im Ort benötigten Wärme ab. Für die restlichen 27 % wurde kürzlich eine weitere Heizzentrale gebaut (unser Foto). Hier wurden drei Holzpelletkessel mit 390, 540 und 720 kW thermischer Leistung eingebaut. Die drei Kessel sind in Kaskade geschaltet. Das bedeutet: Erst springt der kleine Kessel an. Sollte die Wärme dann nicht ausreichen, werden die beiden anderen je nach Bedarf dazugeschaltet. Die benötigten Holzpellet werden in einer innovativen Halle (unser Foto) für verschiedene Trocknungsgüter durch warme Luft von unten getrocknet.

Marco Ohme: „Investiert wurden
  für die Biogasanlage rund 3,3 Mio. EURO, während die Wettersinger-Energiegenossenschaft für ihre Technik rund 5,25 Mio. EURO aufgebracht hat. Mit unserer gesamten Anlagentechnik, ist die Versorgung unseres Ortes  3-fach   abgesichert. Wir sind unabhängig von fremden Versorgern, bedienen unser Dorf mit Nahwärme und produzieren darüber hinaus das 9-fache dessen, was der Ort an Strom benötigt.
Zu guter Letzt wurde aktuell durch die BBB Biogas Breuna GmbH ein Stall für 200 Mastbullen auf Tretmist errichtet. Während der Mist als weiteres Input in die Biogasanlage wandert, werden die Bullen auf Schlachtreife gemästet.

Marco Ohme: „Für das Fleisch gibt es bereits eine große Nachfrage von mehreren Schlachtereien und zusammenfassend „All das zeigt, dass die Energieerzeugung bei uns völlig neue Möglichkeiten in einem alten Dorf eröffnet hat“.

Die Werdumer Delegation zeigte sich tief beeindruckt und nahm einiges an neuem Wissen mit auf die Heimfahrt.


Initiator Helmut Niedermeier


über 10 km Rohre werden in Wettesingen verlegt


Ein Bullenmaststall ist mit der Produktion von Mist ein wichtiger Bestandteil des Konzepts


Die Delegation vor der Pelletanlage in Wettesingen