Glockenturm wird 250 Jahre alt                                                                                   27.11.13


Der imposante Turm im abendlichen Licht

Weithin sichtbar ist der Kirchturm von Werdum einer der ersten markanten Punkte, wenn man sich dem Ort nähert. In diesem Jahr wird er 250 Jahre alt. Dieses Ereignis möchte die Kirchengemeinde Werdum-Neuharlingersiel mit einem Festgottesdienst  am 1. Advent, dem 1. Dezember, begehen. Während die Kirche sehr viel älter ist - wahrscheinlich stammt sie aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts, wie viele andere ostfriesischen Kirchen auch - musste im Laufe der Zeit beim Kirchturm nachgebessert werden: Schon 1702 war der alte Glockenturm in einem schlechten Zustand, er neigte sich immer mehr und hing 4 Jahre später schon einen Fuß (ca. 25 cm) Richtung Westen über. 1709 hieß es, er schwebe „in Fallens Gefahr“, und erst jetzt begann man mit dem Abstützen der Mauer und der Sicherung der Glocke. Es dauerte noch 50 Jahre, bis man eine Reparatur erwägt: Am 1. August 1760 wurde bei einer Begutachtung dieser Beschluss gefasst. Dann passierte erst einmal ein Jahr nichts, und am 5. August 1761 wurde erneut eine Begutachtung, dieses Mal unter Anwesenheit des Auricher Landbaumeisters Carl Enno Magott, durchgeführt.

Dieser bevorzugte weiterhin die Reparatur, die er mit Kosten von 310 Reichstalern veranschlagte, erwog aber auch erstmals einen Neubau, der mindestens 2300 Reichstaler kosten sollte. Wieder fiel keine Entscheidung, und es fand kurz darauf ein erneutes Treffen statt, an dem teilnahmen:
- Landbaumeister Carl Enno Magott aus Aurich

- Maurermeister Laurenz Rauscher aus Neustadtgödens

- Maurermeister Johann Egberts aus Norden

- Pastor Friedrich Wilhelm von der Marck (1683-1765)

- Deich- und Sielrichter, Armen- und Kirchenvorsteher Johann Hinrich Remmers (1717-1772) aus   Werdumer Altendeich

- Kirchenvorstandsmitglied Sjut Magnus (1718-1796) aus Werdumer Altendeich.

An dieser Versammlung nahmen auch viele andere Gemeindemitglieder als „Interessenten“ teil.

Dieses Mal wurde unmissverständlich der Turm für irreparabel erklärt und ein Neubau empfohlen. Es ging jetzt nur noch darum, ob - wie bisher - der Turm abgesetzt von der Kirche errichtet werden sollte oder aber direkt am Westgiebel. Man entschied sich für die
  Variante direkt am Giebel, da der Westgiebel ebenfalls schon einige Mängel aufwies, die bei der Gelegenheit mit beseitigt werden konnten. Der Turm wird im Laufe des Jahres 1763 errichtet, dem Jahr des Endes des Siebenjähriges Krieges zwischen Preußen, England und Frankreich, Russland, Österreich, das auch in der Wandplakette entsprechend festgehalten ist. Erbauer des 15 m hohen Turms war Maurermeister Laurenz Rauscher, der sich dabei an dem Vorbild des 1714 errichteten Glockenturms der evangelischen Kirche in Neustadtgödens orientierte. Der Werdumer Turmhelm ist jedoch pyramidenförmig ausgestaltet und weist damit nicht mehr die klassische barocke Formgebung aus. Mit dieser Baumaßnahme wurden dann auch das alte Südportal und das Nordwestportal vermauert.
Ein Jahr später musste die Glocke umgegossen werden, da sie an einem Gottesdienst im Februar 1764 gesprungen war.

Quellen und Literatur:

Peperkorn, Werdum – Aus der Geschichte eines Marschendorfes, Thunum 2003, S. 97 ff.
Janssen, Die Familien der Kirchengemeinde Werdum, Aurich 1975