Gesundheitstourismus und Barrierfreiheit                                                         28.03.11
Der Referent: Dr. Kai Pagenkopf

In Werdum ist das Thema „Barrierefrei“ nicht neu. Bereits drei Häusern wurde vom VdK Niedersachsen-Bremen für die vorbildliche Integration behinderter Menschen und behindertengerechter Gestaltung von Gebäude und Einrichtung das Prädikat „barrierefrei“ verliehen und die entsprechende Plakette mit der dazu gehörenden Urkunde überreicht. Diese Tatsache wurde von Dr. Pagenkopf bei seinem Referat zu Beginn positiv herausgestellt.
Unter „Barrierefreiheit“ ist nach den Ausführungen von Dr. Pagenkopf jedoch weit mehr zu verstehen. Der Referent ist ein ausgewiesener Experte für „Barrierefreien Tourismus“. Im Zuge des Masterplanprojekts
  „Barrierefreie Nordsee – Komfort und Service für Alle“ erarbeitet der Tourismusverband Nordsee mit Begleitung  der Firma NeumannConsult dazu eine fundierte Bestandsaufnahme wonach dann konkrete Handlungsempfehlungen zum Abbau bestehender Barrieren abgeleitet werden sollen.
Dr. Pagenkopf: „Im Zeichen des Demographischen Wandels werden wir weniger, älter, bunter und individueller. Die Entwicklung der Altersgruppen zeigt, dass der Anteil der älteren Bevölkerung deutlich zunimmt. Daraus abgeleitet stehen auch die Tourismusverbände vor neuen Herausforderungen, wie:

-  Demographisch denken und handeln,

-
    Schrumpfen organisieren,
-   Menschliche Vielfalt berücksichtigen und
-
   Touristische Angebote attraktiver gestalten.
Dabei sind die Zielgruppen vielfältig, aber es handelt sich um viele ältere Gäste, die anspruchsvoll und erfahren sind. Gleichzeitig sind sie Service- und Komfort orientiert, aber oft auch mobilitäts- oder aktivitätseingeschränkt. Interessant sind in dem Zusammenhang folgende Zahlen, die sich auf Alter und Behinderungen beziehen: < 25 (4 %), 25 – 44 (10 %), 45 – 54 (12 %), 55 – 64 (20 %) und > 64 (54 %).

Dr. Pagenkopf geht bei seinen Überlegungen von der Gruppe „50plus-Gäste aus“, bei denen für 90 % Reisen an erster Stelle steht. Sie geben pro Jahr 18 Milliarden Euro in Deutschland für Reisen aus, das sind über 40 Prozent der Gesamtumsätze in der Reisebranche. Folgende Fakten zu den 50plus-Gästen unterstützen die vorgenannten Zahlen: sie haben eine längere Reisedauer, sind häufiger unterwegs als Jüngere, haben einen deutlich höheren Deutschlandanteil, sind sehr reisezieltreu und reisen bevorzugt im Frühjahr und Herbst, was zu einer Saisonverlängerung führt.

Dr. Pagenkopf: „Mein Fazit lautet daher: ältere und behinderte Reisende bilden eine große und attraktive Zielgruppe, das Kundenpotenzial und die Nachfrage wird wachsen. Dabei ist das Marktpotenzial bislang nicht ausreichend erschlossen und die Angebote, der Service und die Informationen sind oft unzureichend auf die Bedürfnisse älterer und behinderter Reisender zugeschnitten. Daraus entsteht die Anforderung an Tourismusanbieter, dass sie sich mehr einfallen lassen als „Tanzabende, Bastelkurse und Kurkonzerte“.
Die Gäste wünschen sich einen Stressfreien Urlaub, mit einem erlebbaren touristischen Programm, verbunden mit Qualität, Service und Komfort. Dabei sollte leichte Zugänglichkeit und Nutzbarkeit unter dem Titel Barrierefreiheit und „Design für Alle“  im Vordergrund stehen.

Dr. Pagenkopf: „Barrierefreiheit ist Grundlage für service- und Komfortorientierte Angebote, die von älteren (zahlungskräftigen) Gästen und Familien nachgefragt werden, Unabdingbare Voraussetzung für Gäste mit Behindert und Querschnittaufgabe für alle touristischen Themen

Die Barrierefreiheit betrifft die Infrastruktur, die Informationsvermittlung, den Service, das Außenmarketing sowie die gesamte touristische Servicekette vom vorbereiten, informieren und buchen, über Ausflug und Shopping, Unterhaltung und Kultur, Service und Assistenz, Freizeit und Sport, Essen und Trinken, Wohnen und Schlafen, ankommen und orientieren, bis hin zum erinnern und Bestätigung finden.

Heimat- und Verkehrsvereinsvorsitzender Johann Pieper: “Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels - unsere Gäste werden immer älter – versteht sich barrierefreier Tourismus als Qualitäts- und Komfort-Tourismus und ist damit ein wichtiger Aspekt für alle Vermieter und Gewerbetreibenden im Wettbewerb mit anderen“. Er bedankte sich bei Dr. Pagenkopf für den überaus informativen Vortrag und überreichte ihm zwei Landschaftstypische Aufmerksamkeiten.